Zeit des Übergangs: Apg 1,12-14
Dann kehrten sie von dem Berg, der Ölberg genannt wird und nur einen Sabbatweg von Jerusalem entfernt ist, nach Jerusalem zurück. Als sie in die Stadt kamen, gingen sie in das Obergemach hinauf, wo sie nun ständig blieben: Petrus und Johannes, Jakobus und Andreas, Philippus und Thomas, Bartholomäus und Matthäus, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Simon, der Zelot, sowie Judas, der Sohn des Jakobus. Sie alle verharrten dort einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und Maria, der Mutter Jesu, und seinen Brüdern.
Das göttliche Drama endet nicht an Ostern. Nach der Zeitrechnung des Evangelisten Lukas erscheint während 40 Tage Jesus bei den Jünger*innen (Apg 1,1-3) bis er an Himmelfahrt zum Vater zurückkehrt. Sein Dienst ist getan, er nimmt sich zurück und überlässt uns das Feld, seiner Kirche. Daher ist die Zeit zwischen Himmelfahrt und Pfingsten nochmals eine ganz besondere Zeit, die von Rückzug und Fürbittgebet geprägt ist bevor die Jünger*innen, gestärkt durch den Hl. Geist, den Mut zur Verkündigung finden.
Ich möchte gerne auf drei wichtige Punkte hinweisen, die auch das Selbstverständnis der Kirche von heute prägen sollen:
1. Ermächtigung seiner Gemeinde
Jesus kündigt mehrmals an, dass er zum Vater zurückkehren muss. Das erste Mal am Ostertag an Maria Magdalena: Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest; denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. Geh aber zu meinen Brüdern und sag ihnen: Ich gehe hinauf zu meinem Vater und eurem Vater, zu meinem Gott und eurem Gott (Joh 20,17).
Sie darf ihn nicht aufhalten, die Jünger dürfen ihn nicht aufhalten. Himmelfahrt ist daher nicht nur die Vollendung des irdischen Dienstes Jesu. Indem er sich selber zurücknimmt, eröffnet er einen Raum. Einen Raum zuerst für den Hl. Geist, aber auch für uns Jünger*innen. Es ging Jesus niemals darum sich selbst ins Zentrum zu setzen, sondern das Wort des Vaters zu verkünden und zu sein. Er ist das Sprachrohr Gottes. Seine Taten standen ganz im Dienst der Verkündigung des Reiches Gottes, nicht seiner eigenen Verherrlichung. Er lässt uns jetzt an diesem Dienst teilhaben wie es bereits der angehängte Schluss des Markus - Evangeliums im Kapitel 16,17-18 andeutet: Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden. wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden.
Er bevollmächtigt uns, die gleichen Werke zu vollbringen wie er. Ich denke, diese Dimension der Teilhabe ist im Verlauf der Kirchengeschichte etwas verloren gegangen, da wir uns zu sehr daran gewöhnt haben, Jesus anzubeten und ihn als Gott zu verehren, sodass die Ermächtigung seiner Jünger*innen komplett aus unserem Blickfeld verschwunden ist. Es geht also nicht nur um ihn und seiner Macht, sondern auch um uns. Wir setzen sein Werk fort. Es geht um den Vater, es geht um Gott und das Reich Gottes, nicht in erster Linie um Jesus. Diese Dimension sollte uns wieder an Himmelfahrt und Pfingsten bewusst werden.
2. Die frohe Botschaft in zerbrechlichen Gefässen
Doch ist die frohe Botschaft zerbrechlichen Gefässen anvertraut. Die Jünger*innen sind noch zu verzagt. Sie schliessen sich ins Obergemach ein. Sie verstehen bisweilen nicht ganz, was Jesus ihnen mitteilen möchte. Er möchte uns Mut machen, herausfordern, wenn er uns seine Mission anvertraut, im Wissen, dass wir es auch «vermasseln» können. Er traut und mutet es uns zu. Und gewiss, wir haben es in der Kirchengeschichte oft «vermasselt» – und auch nicht. Das Reich Gottes ist gebrechlichen, sündigen und verzagten Menschen gegeben. Gott hat niemanden ausser uns, um seine Sache fortzusetzen. Wir dürfen vertrauen, dass er uns weiterhin trägt, auch wenn es scheint, dass das Christentum, vor allem in Europa, im Niedergang begriffen ist. Die Gestalt wird sich wandeln und was nicht genuin christlich, d.h. jesuanisch ist, mit ihr. Aber die Kirche als Gemeinschaft wird weiterhin bestehen. Wir dürfen dieses Vertrauen mitnehmen und dabei auch verzagt und unwissend sein. Denn es braucht den Hl. Geist, die Geistkraft, die uns stärkt und ermächtigt. An Himmelfahrt nimmt sich Jesus zurück und macht den Weg frei für das Kommen der Kraft Gottes, den Hl. Geist, der uns trägt.
3. Zeit des Übergangs – Zeit des Gebetes
Bevor der Hl. Geist kommen kann, zeichnet uns Lukas das Bild einer Gemeinde, die sich ins Gebet zurückzieht. Es ist eine Zeit des Übergangs von Himmelfahrt, der Rückkehr Jesu zum Vater, bis Pfingsten, der Sendung des Hl. Geistes. Diese Gemeinde besteht nicht nur aus den zwölf Aposteln, die gerne in den Pfingstdarstellungen gezeigt werden. Der Kreis ist grösser, denn auch die Frauen, allen voran, Maria und auch die Geschwister Jesu werden genannt, selbst wenn die Zwölf eine Art Leitungsgremium darstellen, der Hl. Geist und die Mission ist nicht nur ihnen anvertraut, sondern allen in dieser Gemeinschaft. In der Firmung wird uns allen der Hl. Geist geschenkt und nicht nur dem Klerus. Die Gemeinschaft im Obergemach in Jerusalem ist auch noch eine verzagte Gemeinschaft. Sie versteckt sich, bittet und wartet. In Anlehnung an dieses Bild der betenden Jüngerschaft, hat sich im Laufe der Zeit die sog. Pfingstnovene entwickelt. Ein beständiges Bitten um die Gaben des Hl. Geistes, die wir dringend benötigen um gerüstet zu sein, das Wort Gottes mutig in die Welt zu tragen. Bitten wir in dieser Zeit darum und lassen uns nicht verzagen.